Schweigesiegel
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Horst-Werner Willenberg
Essen und Bielefeld
* 1954
Künstlerisch tätig seit 1968
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Das Siegel des Schweigens

 

„Das Genre Historienroman ist erfunden worden, um den Großteil dieser Machwerke nicht da einzuordnen, wo sie hingehören, als Parallelwelt-Fantasy-Geschichten.“, bekundete unlängst Werner Vombusch in einem Interview zu seinem neuesten Buch „Das Siegel des Schweigens“. „Würde man aus der Arthus-Saga den Zauberer Merlin, das Schwert Excalibur und die anderen Fantasy-Accessoire entfernen, was bliebe dann, wenn nicht ein 0815 – Historiendrama? Und um der absehbar nächsten Frage vorzugreifen, die meisten Historienromane beschreiben Geschichte wie naive Malerei die Natur zeichnet oder fast alle Geschichtsfilme z.B. Mittelalter-light darstellen, anstatt das Alltagselend erahnbar zu machen!“

 

In diesem harschen Licht „Das Siegel des Schweigens“ unter die Lupe zu nehmen, wird sich Werner Vombusch gefallen lassen müssen. Die Geschichte selbst ist schnell umrissen: Eine junge Königin stellt nach der Krönung fest, dass ihre ärgsten Befürchtungen, hinsichtlich Ihrer Isolation im Allgemeinen und dem Verlust vielfältigster, nicht durch Hof und Verwandtschaft gefilterter Informationen im Besonderen, sich über Maßen bewahrheiten. Gedrängt von der notwendigen Gattenwahl, in wöchentlich dutzenden Krisensitzungen Scharmützel an den Reichsgrenzen nicht in sinnlose Kriege ausarten zu lassen, analysierte und konstruierte sie hinter den Kulissen ein Schattennetzwerk. Der von ihr schon in der gemeinsamen Jugendzeit protegierte Cousin brachte als Angehöriger des Landadels die notwendige Hoffähigkeit und als geduldeter Wanderbarde die ausreichende Volksnähe mit, um der Königin überall dort Auge, Ohr und ggf. Hand zu sein, wo es ihr angebracht schien.

 

Bei dem „Siegel des Schweigens“ handelt es sich um eine kleine, aber strukturierte Hautveränderung. Diese Male wurden mit einer Kaliumpermanganat enthaltenen Lösung gezeichnet und verschwanden nach circa 28 bis 84 Tagen, je nach Alter des Trägers. Das jeweilige Siegel ward jedem Träger als Erkennungszeichen benannt, nur die wenigsten wussten um die Bedeutung der kleinen Unterschiedlichkeiten. Dass die Siegel unter Umständen Botschaften transportierten, darüber wurde tunlichst geschwiegen.

Die Mehrdeutigkeit, bloßes Erkennungssignal und informierende Botschaft – ist nicht alles, was „Das Siegel des Schweigens“ so hervorragend macht.

 

Die schon oben angedeutete Offenheit im Umgang mit dem öffentlichem Alltagselend, wie auch der Aristokratie, deren langes Leben oft mit langem Leiden bezahlt wurde, zieht sich durch das gesamte Buch, was „Das Siegel des Schweigens“ von Werner Vombusch vielleicht nicht zum Bestseller macht, aber sicher zu einer Herausforderung für alle, die einen realistischen Historienroman lesen möchten.

 

Bielefeld, 04.12.2023